Gewagt! 500 Jahre Täuferbewegung 1525 –2025

Titel24

Reich Gottes – Utopie – Erneuerung

„Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde […]Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein […] und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein.“ (Offb 21, 1.3-4)

Hoffnung leben heißt, sich angesichts der Zukunft Gottes nicht mit dem Bestehenden abzufinden, Machtstrukturen und Abhängigkeiten zu erkennen und sich für eine gerechte Gemeinschaft der Menschen, die von Frieden und Liebe geprägt ist, einzusetzen. 

Wie so viele Christen und Christinnen ihrer Zeit glaubten die Täufer im 16. Jahrhundert an ein nahes Ende der Welt. Sie rechneten mit der Durchsetzung des Reiches Gottes in absehbarer Zukunft. Daraus entwickelten sich in einigen täuferischen Gemeinden apokalyptische Vorstellungen, wonach die Erwählten durch die Glaubenstaufe in die endzeitliche Schar eingegliedert werden sollten. Vor allem die Bauern und die einfache Bevölkerung hielt man für die wahren Werkzeuge Gottes, nachdem sich die weltlichen Herrschaften durch Ausbeutung, immerwährenden Streit und Gier diskreditiert hatten. Die Maßstäbe des Reiches Gottes sollten in den täuferischen Gemeinden umgesetzt und verwirklicht werden. Das zeigten sie, indem sie sich durch ihren Lebensstil bewusst von der Welt absonderten und sich um die Reinheit und Heiligkeit ihrer Gemeinschaft bemühten.

Im Täuferreich zu Münster 1534/35 gestalteten die Bürger der Stadt das „Neue Jerusalem“ als heiligen Ort und rettende Gottesstadt. Diese Utopie führte jedoch zu radikalen Trennungen zwischen Gläubigen und Ungläubigen, der Vertreibung und Verfolgung Andersdenkender sowie zur gewaltsamen Herrschaftssicherung.

Herausforderungen für heute

Im Themenjahr 2024 gilt es, täuferische Hoffnungen und Perspektiven auf ihr bleibendes Potenzial hin zu befragen. Wo finden sich die Gemeinden im immerwährenden Wechselspiel von Tradition und Erneuerung heute wieder? Sind wir bereit, lieb gewonnene Positionen zu hinterfragen? Reicht es, wenn wir die Hoffnung auf Gottes Zukunft nur für unseren persönlichen Glauben reservieren? Können die biblischen Hoffnungsbilder nicht vielmehr zu einem veränderten Lebensstil und einer neuen Suche nach einer gerechten Gesellschaft aller Menschen – im Kleinen wie im Großen – inspirieren? 

Die biblischen Maßstäbe des Reiches Gottes sind nicht nur ein innerliches Gedankenspiel, sondern sie können die bestehenden sozialen, ökonomischen und sogar geschlechtlichen Schranken überwinden. Wie kann die christliche Hoffnung im Alltag und in den Gemeinden umgesetzt werden, ohne den Anderen zu verletzen und Andersgläubige auszuschließen? Utopien können scheitern, aber auch dann lassen sie den Traum von einer geschwisterlichen Welt und einer neuen Qualität von menschlicher Gemeinschaft als Mahnung zurück.

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Themenheft 2024
gewagt! Hoffnung leben